Donnerstag, 17. März 2016

Was ist Homologation und warum sind heutige Rallywagen dumm?


Es ist Winter und Brandenburg verschneit. Du fährst auf eine enge Kuppe um die volle Bundesstraße zu umgehen. Es sind gefühlt nur drei Kurven, aber es sind die besten deines Lebens. Der Wagen ist quer, das Blow-Off deines Subarus zischt während sich die Winterreifen im Schnee vergraben und man durch die kleine Schikane brennt. Du bist in Münchehofe aber du könntest schwören, du seist auf der Asphalt-Stage der Rallye Monte-Carlo und dein Name ist Colin McRae.

Es liegt nicht unwesentlich daran, dass der Spirit von McRae in jedem einzigen STI weiterlebt. Und dass es diese Autos gibt, verdankt man dem Motorsport. Lancia Delta Integrale, Mitsubishi Lancer Evolution und Dodge Charger Daytona haben eine Sache gemeinsam: Die Herkunft. Bei diesen Autos handelt es sich nämlich um sogenannte Homologationsmodelle.

Homologation ist, zumindest im Autobezogenen Sinne, ein Motorsportbegriff und beschreibt die Zulassung für ihren Sport. Wenn also Audi zum Beispiel ihren neuen Le Mans Prototypen zum ersten mal von der FIA technisch abnehmen lässt und sie ihr Papier entgegennehmen, auf dem steht, dass der Wagen ihrem Reglement entspricht, homologiert er. In den 60ern bis 90ern hatte Homologation jedoch noch eine, na ja, nicht unbedingt unterschiedliche, aber ausgeprägtere Bedeutung.

Denn damals homologierte ein Fahrzeug nur, wenn bestimmte Stückzahlen für die Straße gebaut wurden. Wie genau die Regel sich bildet, hängt natürlich vom Sport ab, in dem sie antreten. Ein Tourenwagen oder Rallywagen musste natürlich mehr Stückzahlen aufweisen, als etwa ein Sportwagen. Unterm Strich sorgten diese Regeln jedoch für die ultimativen Rennwagen für die Straße.

Warum einen Straßenwagen zum Rennwagen bauen, wenn man einen Rennwagen bauen kann und den dann für die Straße zweckentfremdet? Wenn ein Autohersteller ein Auto konzipiert, welches von Anfang an dafür ausgelegt ist, im Wettbewerb zu brillieren und der Wagen nur verkauft wird, damit man die nötigen Stückzahlen zur Homologierung bekommt, nennt sich das Auto "Homologationsmodell".

Dieses Denken musste man haben, wenn man im Wettbewerb herausstechen wollte. Und diesem Denken verdanken wir die Homologationsextremos wie den Lancia Stratos oder den Toyota TS020. Letzteres Fahrzeug wurde tatsächlich nur zwei mal gebaut und steht nun ein mal in einem Toyota Museum in Japan und ein mal im Hauptquartier der Toyota Motorsport GmbH in Köln.

Heute existiert Homologation in dieser Art eigentlich nur noch begrenzt in Tourenwagen und dem modernen GT-Sport. Aber wie ich in Race Never, Sell On Monday beschrieb, fuhr BMW beispielsweise lange Zeit mit einem Z4 in den GT3 Meisterschaften, welcher nicht auf dem Straßenchassis basierte, sondern ein eigens für den Motorsport zum Coupé modifiziertem Exemplar war, welches vom V8 des M3 E92 befeuert wurde. Keines dieser Optionen gab es für die Straße zu kaufen, was den Z4 GT3 in meinen Augen zum Prototypen machte.

Sogar Porsche ist Schuld. Porsches Puristen Problem zwang die Zuffenhausener dazu, den 911 GT3 RSR der zweiten Generation (911 nach GTE-Reglement) zum Mittelmotorsportwagen zu operieren, um gegen Gegner wie den Ferrari 458 GTE eine Chance zu haben. Nissan fährt statt des Twin Turbo V6 aus der Straßenversion des GTRs mit einem V8 Sauger aus einer Limousine für den nordamerikanischen Markt, Bentley fährt mit einem Mittelmotorrennwagen obwohl die Audi-Plattform, auf die der Continental basiert, ein Frontmotorlayout ist (der Motor ist so weit vorne, dass er sogar vor den Scheinwerfern ist), die Liste geht weiter.

Homologation ist heute nichts mehr wert und den Sport, den es am meisten trifft, ist nicht die GT3 sondern die Rally Meisterschaft. Denn wo zu Zeiten der Gruppe B und der frühen WRC speziell angefertigte Rally-Maschinen antraten und die 300 PS Allrad-Turbo-Monster von Mitsubishi und Subaru ihren Ursprung fanden, gewinnen jetzt Autos wie der Hyundai i30 oder der Volkswagen Polo. Autos, die auf der Straße mit 90 PS und Frontradantrieb verkauft werden aber auf der Piste plötzlich zu mehreren hundert PS starken Allradmonstern werden.

Wer also trägt die Verantwortung dafür, dass Prototypen, die kaum mehr mit ihrer Straßenvariante gemein haben als ein NASCAR, nun die Rally-Pisten der Welt dominieren? Es sind die Hersteller. Denn nach mehreren Wirtschaftskrisen, in denen sich Sportwagen schlechter verkauft haben, forderten sie ein Ende der Homologationsregeln. Die Motoren wurden von 2 Liter auf 1,6 Liter reduziert. Ich möchte mal von wem einen Sportwagen aufgezählt bekommen, der über 1,6 Liter verfügt. Wehe, jemand sagt Golf.

Subaru und Mitsubishi wurden damit erfolgreich aus der WRC vertrieben und feige Hersteller wie Volkswagen trauten sich nun auch auf die Stage. "Aber es ist doch gut, jetzt sind mehr Hersteller in der Meisterschaft, oder?" Nein. Wenn Hersteller ihre 1,6-Liter Krücken vermarkten wollen, dann sollen sie sie zu Modeschaus und Filmprämieren schicken. Der Motorsport ist dafür da, um Entwicklungsarbeit zu leisten und Sportwagen gegeneinander antreten zu lassen. Und 1,6 Liter sind nicht genug für Sportwagen.

Dass der Weltverband sich so von den Herstellern an der Nase herumführen lässt, ist Gift. Natürlich muss es einen Dialog zwischen FIA und den Herstellern geben, denn man muss die Meisterschaften für sie ja attraktiv halten. Aber wenn man ihnen zu viel Kontrolle gibt, kommt so etwas heraus, wie die katastrophale Formel 1, die nun tatsächlich 1,6 Liter V6 Motoren verwendet. Eine Motorenarchitektur, die in keinem einzigen Auto für die Straße vorkam. In der gesamten Geschichte des Automobils. Sehr Serienrelevant.

Diese Fehlentscheidungen führten also dazu, dass Homologationsmodelle aus der Mode kamen. Natürlich bedeutet das nicht annähernd, dass es keine aufregenden Spotwagen mehr gibt. Denn viele Autos wie der Porsche 911 oder der Ford Mustang entstanden außerhalb dieses Gedankenguts. Aber gäbe es keine Homologationsregeln, gäbe es keinen BMW M3, denn die 3er-Plattform war ursprünglich als ganz normales Coupé konzipiert, bis BMW sich dachte, dass der Wagen in der DTM etwa reißen könnte und dem ihm deshalb Hochleistungsteile verpasste, was extrem gut bei den Käufern ankam.

Wenn es damals die Homologationsregulationen von heute geben würde, gäbe es keinen M3. Wer weiß, wie viele brilliante Sportwagenideen dadurch verloren gehen. Vielleicht wäre ein 300 PS Allrad Hyundai ja ein Hit? Leider unterstreicht diese Entwicklung meine Hypothese nur, die besagt, dass der beste Sportwagen bereits gebaut wurde, weil er heute gar nicht mehr gebaut werden darf, wie beschrieben in Unsere Zeit ist vorbei und der Tod der Viper ist der Beweis.

Ein Hoch also für Ford. Denn mit dem neuen Ford GT bauten die Amerikaner als erste in meiner Lebenszeit einen Rennwagen, speziell für die Sportwagenmeisterschaft ausgelegt, der dann lediglich für die Homologation auch für die Straße angeboten wurde. Ganz im Zeichen des ersten Ford GTs aus den 60ern.

1 Kommentar:

  1. Ich denke in der heutigen Zeit sollten Autos mit möglichst wenig Sprit von A nach B kommen. Es gab schon früher Autos die nicht mal 50PS hatten und dies ohne weiteren Probleme schafften. Ein Rennwagen gehört meiner Ansicht nach auf eine Rennstrecke und nicht zu einer pubertären Person die nur an ihren eigenen Spaßfaktor denkt. Wenn ich schreibe "mit möglichst wenig Sprit" dann verstehe ich darunter möglichst effizient. Ich habe auch nichts gegen Hybrid-, Elektro- oder mit Wasserstoff angetriebene Autos... ich könnte hier seitenlang kommentieren,.. doch viele denken nur an sich... das Umdenken wegen unserer Umwelt hat sich noch nicht genug verbreitet. Eigentlich schade.

    A.T.S.

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