Freitag, 25. März 2016

Autos wie der RS6 sind Fehler


Du bist 29, frisch verheiratet und deine Frau bekommt ein Baby. "Verkauf deinen Porsche, wir brauchen ein größeres Auto". Oh nein! Aber mein Sportwagen ist mein ein und alles! Ich weiß! Ich kaufe mir einfach einen [überpowerten Kombi]. Der hat dann genug Platz für die ganzen Windeln und Kindermöbel und genug Power für meinen geschwindigkeitsbedürftigen Parasympatikus.

Diese Logik ist leider genau so fehlerhaft, wie: Ich wohne in der Stadt und Parkplätze sind so knapp wie Essensmarken in Venezuela. Ich weiß! Ich kaufe mir einen [überpowerten Kleinwagen]. Der ist dann klein und praktisch und verfügt über so viel Power wie ein alter Porsche Boxster. Perfekt! Dass solche Autos (Golf GTI, Megane RS, etc.) keine Sportwagen sind, habe ich bereits in Was zur Hölle ist ein Sportwagen? geklärt. Aber was ist mein Problem mit dem RS6 und ähnlichem?

In der Theorie tickt der Wagen die Sportwagenboxen ab und klassifiziert sich in meiner Definition als "Tourenwagen". Kompromisse sind okay, das machen Fahrzeuge wie der Impreza (vier türen) und der MX5 (fehlendes Dach) auch. Der Wagen hat Allrad, opfert also im Sinne der Sportlichkeit etwas Kofferraumvolumen und verfügt über breite Reifen und Sportaufhängungen, Sportauspuffsystemen, etc. etc.

Und es ist wahr. Ich habe keine "faktischen" Argumente, um zu belegen, weshalb der RS6 etwa kein Sportwagen ist. Aber lass es mich anders formulieren; ist der BMW X5M ein Sportwagen? Oder ein Porsche Cayenne? Dann ist aber auch der Volkswagen Touareg einer, richtig? Und da der Treibstoff keine Rolle spielt, trift das ja auch für den VW Touareg V10 TDI zu, richtig? Oh, oder den W12 Phaeton TDI? Alles Autos ohne Frontradantrieb und mit Power, die sich theoretisch in die "Tourenwagen"-Kategorie einordnen.

Es gibt da eine TopGear Folge, wo das Trio einen Aston Martin Vanquish, einen Lexus LFA und eine Dodge Viper zu einem Dragstrip in den USA bringen. Diese Maschinen, die, und wir alle sind uns da einig, ein paar der ultimativsten Sportwagen der Welt sind, wurden alle samt von Pick Ups und Trucks pulverisiert. Und damit zeigt sich nur ein mal mehr, dass Geschwindigkeit und Zahlen überhaupt keine Rolle spielen, ob ein Wagen gut als Sportwagen ist, oder nicht.

Es ist egal, wie breit die Reifen des RS6 sind, wie viel Hubraum er hat, wie viel PS oder Drehmoment er bringt; er bleibt ein Kombi. Noch schlimmer, ein schlechter Kombi. Denn der Kofferraum könnte größer sein und der Wagen kürzer und Sparsamer, hätte Audi anstelle ihres 600 PS starken 4 Liter Turbo V8 einen 3 Liter V6 mit 250 PS verbaut, der die vorderen Räder antreibt. Aber Audi und die anderen Hersteller sind nicht die Leute, denen man das unter die Schuhe schieben sollte.

"Schuld" an diesen Autos sind der ausreichend gedeckte Nischenmarkt, der solche Fahrzeuge kauft und die Entwicklung finanziert. Audi tut auch nur das, um überwasser zu bleiben. Aber genau, wie man es bereut, wenn der Clio Sport auf der Nordschleife aufgrund der retardierten Gewichtsverteilung, den dünnen Ekoreifen und dem hohen Schwerpunkt überhaupt nichts reißt, bereut man es, wenn man an einer kurvigen Landstraße diese bis zu zwei Tonnen an klobigem Auto um die Kurve bringen muss.

Egal wie fett die Reifen sind und wie schnell man dann raus beschleunigt, wenn man erst hinter der Kurve ist. 1,8-2 Tonnen sind durch nichts gut zu machen. Oh, und ich bin über den gesamten Eintrag von einem gebrauchten RS6 ausgegangen. Ein neuer RS6 setzt einen um weit über 110.000€ zurück. Unnötig, dass ich sagen muss, dass es bessere Investitionen gibt, als den RS6. Zum Beispiel drei Nissan Skyline GT-R.

Hyperkombis wie der RS6 sind teuer und wenn die Priorität des Sportwagens so hoch ist, dass man sich nicht von seinem Auto trennen möchte, macht es mehr Sinn, einen gebrauchten, schönen und verlässlichen Passat anzuschaffen. Oder einen neuen, je nach Budget. Oder man verkauft seinen Sportler und kauft sich einen kleineren, wie einen Porsche Boxster oder Mazda MX5 UND einen Passat, wieder je nach Budget.

Wenn das Geld sehr knapp mit zwei Autos wird, macht es immer noch mehr Sinn, sich ein spartanisches Saisonkennzeichen zu holen und den Wagen nur über wenige Monate im Jahr zu fahren. Aber es ist alles besser, als sich selbst zu vereiern und etwas wie einen M5 Kombi oder ähnliches vor die Tür zu stellen. Lieber zwei günstige Autos, die ihren Job gut machen, als ein teures, dass seine beiden Jobs halbarschig erledigt.

Versteht mich nicht falsch, Autos wie der Subaru Impreza WRX Kombi oder eben der RS6 machen bestimmt auch Spaß. Jedes Auto macht Spaß, auch ein 60 PS Lancia Y, wenn man um eine enge Strecke richtig tritt. Und wer nur den Anspruch hat, auf der Autobahn schnell gerade aus zu fahren oder an der Ampel den BMW 3er neben einem "abzuziehen", der wird von solchen Autos nicht enttäuscht sein. Aber wer plant, mit dem Wagen den Stelvio Pass zu überqueren, wird nicht annähernd so viel Spaß haben, wie in einem 88 PS Alfa Romeo Spider.

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