Montag, 18. Januar 2016

Race Never, Sell On Monday

Foto: IMSA - BMW M6 GTLM


























Derzeit gibt es zwei große GT-Kategorien im Motorsport. GTE und GT3. Um zu erklären, warum ihr BMW in keiner dieser Kategorien supporten solltet, wenn ihr im Herzen wahre Motorsport-Enthusiasten seit und nicht nur blind eurer Marke hinterherfeuert, muss ich kurz erklären, wie sich der GT-Sport in den letzten Jahren entwickelt hat und was sie bedeuten.

Irgendwann dachte sich der Motorsportweltverband, die FIA, dass es zwei Kategorien an GT-Fahrzeuge geben soll. Die GT2 für kleine Teams und die GT1 für Werke. Irgendwann mutierte der Wettbewerb zu einem Wettrüsten. Zusammen mit Wirtschaftskrisen, die die Autoindustrie zu der Zeit trafen, läutete es das Ende der GT1 ein, nachdem die Hersteller eins nach dem anderen ausstiegen.

Da das GT2 Feld auch nicht wirklich divers war, kam ein Mann Namens Stephane Ratel daher und überzeugte die FIA von seiner Idee, dem GT3 Reglement. Die Idee war simpel; man wirft Rennwagen aus verschiedenen Markenpokalen und anderen GT-Serien zusammen, die weder im GT1 noch im GT2 Reglement Platz fanden, gleichte sie durch Luftmengenbegrenzer an und erschuf so eine Balance.

Diese Balance nennt sich heute Balance of Performance, kurz BoP, und kommt seit einiger Zeit auch im GT2 Reglement vor. Das Ziel der GT3 war es, ausgeglichene Startfelder und intensive Rennaction zu schaffen, ohne großes Geld von Automobilkonzernen zu benötigen. Auch private Rennteams und wohlbetuchte Fahrer konnten sich einen Einsatz in der GT3 Kategorie leisten. Soweit, so gut.

Die GT1-Kategorie erstickte in Keimen und während die GT3-Kategorie immer beliebter wurde und das Interesse von Herstellern erweckte, lebte die GT2-Kategorie mit neuem Namen unter dem Automobil Club l'Ouest, kurz ACO, weiter, dem Veranstalter der 24 Stunden von Le Mans. GT3 Fahrzeuge erhielten keine technische Zulassung für das Rennen.

Nun als GTE (Gran Turismo Endurance) bekannt, waren hier die großen Werke anzutreffen, die mit Herstellerprogrammen in den 24h von Le Mans um den Klassensieg kämpfen. In den Säulenmeisterschaften, in denen man sich einen Startplatz in Le Mans erkämpfen konnte, benötigte man, zumindest um den Platz geltend zu machen, ein GTE Fahrzeug.

Technisch gesehen sind sich die Fahrzeuge recht ähnlich; ein GTE Rennwagen muss jedoch nach einem deutlich strikteren Reglement gebaut werden und darf weniger vom Serienfahrzeug abweichen, als GT3-Fahrzeuge, das macht sie (zumindest mit aktuell gängigen BoP-Einstufungen) auf der Strecke etwas langsamer, aber teurer und, wie ich finde, puristischer.

Mit der Zeit fing die GT3 jedoch das Interesse der Augen, die es eben nicht fangen sollte; der großen Hersteller. Viele Serien verbieten reine Werkseinsätze, aber durch Semi-Werkseinsätze wie Nissan (und viele mehr) es bspw. bei der Blancpain Serie macht, haben Hersteller einen Weg gefunden, diese Regelungen durch Vertreter zu umgehen und Siege für Marketing-Zwecke zu missbrauchen.

Rennbetreiber wiederum finden das ganz toll. So betreibt BMW Beispielsweise einen Werkseinsatz in der VLN und kämpft bei den 24h auf dem Nürburgring mit einem für privatiers konzipierten GT3 Rennwagen um den Gesamtsieg. Das schadet den dünner besiedelten GTE Startfeldern und den Privatiers, auf denen die GT3 steht, gleichermaßen.

Egal ob Audi, Bentley, Aston Martin, BMW, Nissan, ..., sie alle betrieben oder betreiben mittlerweile in einer oder mehreren Rennserien GT3-Werkseinsätze. Immer mehr Hersteller bekunden ihr Interesse daran, speziell konzipierte GT3-Rennwagen zu bauen, zu verkaufen und gegen ihre Kunden einzusetzen, um ihr Produkt zu vermarkten; sowohl auf als auch von der Strecke.

Bevor wir nun auf das Phänomen BMW im Motorsport eingehen, klären wir erst einmal die Markenbesetzung in beiden Kategorien auf. In der GT3 finden wir nahezu jeden Hersteller. In den Blancpain Endurance Series, kurz BES, der größten GT3 Serie, befanden sich allein in den letzten zwei Jahren 12 Marken, davon verkaufen 10 ihre Fahrzeuge von Werk.

Die GTE hingegen sieht da schon übersichtlicher aus. In Europa fahren Porsche, Ferrari und Aston Martin um den Sieg. In der amerikanischen Sportwagenmeisterschaft in Allianz mit dem ACO kommen Corvette, BMW und bis 2014 Dodge Viper dazu. Doch während wir jedes Jahr die gelben Gaststarter von Corvette in Le Mans starten sehen, nimmt BMW seit jeher keine Einladungen an.

Wieso? Ganz einfach. Marketing Strategien. Corvettes Hauptzielgruppe ist der Heimatmarkt in den USA. Die GT3 ist dort nahezu unbekannt, was ihnen nur die GT2/GTE Kategorie in der American Le Mans Series, kurz ALMS, lässt, die von 1999 bis 2013 fuhr und ab 2014 mit der Rolex Grand Am zur IMSA United Sportscars Series fusionierte.

Im Laufe der Jahre gab es viele strukturelle Änderungen sowohl in Europa als auch in Amerika. Die Grundklassen, also Le Mans Prototypen, kurz LMP1 und LMP2 (selbes Prinzip wie GT1 und GT2) und Gran Turismos (GT2 bzw. GTE) blieben bis auf Reglementanpassungen im Laufe der Jahre gleich. Das ermutigte Corvette, sein GTE Programm über viele Jahre fortzusetzen.

Und obwohl Europa für die Corvette kein wichtiger Markt ist, weiß Corvette um die Bedeutung eines Le Mans Klassensiegs - und schickt seine Fahrzeuge deshalb regelmäßig nach Le Mans. Dem einzigen Rennen, wo sie auf die Europäischen Werksteams von Ferrari, Porsche und Aston Martin treffen.

Foto: eifelzeitung.de - BMW V12 LMR
BMW hingegen sieht, trotz Tradition in Le Mans, jedoch nicht die Relevanz des nun schon 90 Jahre alten Rennens. Ende der 90er fuhren sie, in Zusammenarbeit mit Sauber, mit dem V12 LMR in Le Mans um den Gesamtsieg und gewannen das Rennen. Das ganze Programm diente zur Vorbereitung für das Formel 1 Engagement, das Anfang der 2000er Jahre folgte.

Nachdem der V12 LMR in Europa ausgedient hatte, schickte man ihn nach Amerika, einem wichtigen Markt für BMW und dessen M3. Spätstens als Audi mit dem R8 ankam und BMW auf der Strecke zu Brei pürierte, entschied man, den M3 als GT-Rennwagen auf die Strecke zu schicken, brachte ihn aber nicht nach Le Mans. Sehr wohl aber an den Nürburgring.

Mitte der 2000er Jahre beendete BMW dann überraschend sein F1 Projekt und stieg kurz darauf auch aus der World Touring Car Championship, kurz WTCC aus. Und wenn BMW aussteigt, dann richtig. Sie leisteten kein Stück Entwicklungsarbeit mehr für die Kunden, die ihre Fahrzeuge noch fuhren und scherten sich einen Dreck dafür, dass ihre loyalen Privatteams von anderen Herstellern in Stücke gerissen wurden.

2010 fuhr BMW mit seinem M3 Werksseitig bei den Intercontinental Le Mans Series, den ILMS, mit, welche 2012 zur World Endurance Championship, der ersten Sportwagen-WM seit den Gruppe C Zeiten, wurde. Der ACO hätte dem Wagen den Le Mans Start fast verboten, weil sich die Aufhängung zu sehr von der Straßenversion unterscheidet hatte.

Nach 2010 packte BMW jedoch typisch seine Koffer. Der einzige Werkseinsatz waren die M3 in der ALMS, welche in leicht veränderter Form auch am Nürburgring fuhren. Ansonsten fuhr BMW keine bedeutende Meisterschaft mit; Formel 1, Tourenwagen, Sportwagen, nichts. 2011 übertraf sich BMW dann mit einem Meisterwerk an Schummellei selbst - und die FIA machte es mit.

Ich rede von der Einführung des Z4 GT3. Auch BMW springt nun auf den GT3-Zug auf. Schauen wirt uns den Z4 mal an... Ein kleines Cabrio, dass mit einem 4 und 6 Zylinder Motor verkauft wurde. Warum  wurde es BMW nochmal erlaubt, die Karosserie auf Supersportwagen-Level zu erweitern, das Chassis zu einem geschlossenen Coupe zu modifizieren und einen V8 vom M3 reinzustopfen?

Weil BMW. BMW ist ein Hersteller und Hersteller sind gut für die Show. Und obwohl der Z4 GT3 klar gegen die simpelsten Homologierungsregeln verstößt, wurde er für GT3 Rennen zugelassen. Erst ersetzte er den M3 GT2 auf der Nordschleife, dann in einer "GTE-Variante" in Amerika. Dazu wurde ein Z4 GT3 angeblich auf GTE-Spezifikationen umgebaut.

"Waiver" sind im Motorsport Ausnahmegenehmigungen, die es Herstellern erlauben, nicht-regelkonforme technische Eigenschaften in den Wettbewerb zu bringen. Sei es, weil der Wagen anders nicht teilnehmen könnte und ein Vorteil durch BoP-Massnahmen angeglichen wird oder weil der Hersteller mehr Zeit braucht, um den Wagen bei 100%iger regelkonformität wettbewerbsfähig zu bekommen.

Wenn ein kleines Cabriolet jedoch durch Waiver gegen Ferrari und Porsche auf der Strecke fährt und gewinnt, läuft etwas falsch. Daher ist es nicht erwähnenswert, dass der ACO BMW sicherlich nicht erlauben würde, seine Z4 GTE nach Le Mans zu bringen. Aber was kümmert es denn BMW, sie sehen wie gesagt keine Relevanz in Le Mans.

Denn GT3 Semi-Werkseinsätze gewinnen Rennen quer durch Europa. Im Heimatmarkt ist BMW mit seinem VLN-Programm auf der Nordschleife mit dem Z4 GT3 UND seit ein paar Jahren mit der DTM vertreten. Und die Amerikaner müssen den Z4 GT"E" zulassen, sonst verlieren sie einen Hersteller und damit Zuschauer.

Ist doch egal, dass sie ihre Sportmodelle mit einer Motorsportgeschichte verkaufen, die nicht stimmt. Denn wenn BMW gewinnt, ist es weder, weil die Basis stimmt, der Z4 GT3 ist KEINE einfache Rennversion des Z4, noch weil BMW das bessere Rennteam hat, denn ihre Fahrzeuge entsprechen nicht einmal dem technischen Reglement wie die Konkurrenz.

Ist doch egal, dass man seine Kunden in den Tourenwagenserien verbluten lässt und dass man sich wegen DTM Siegen hoch lobt, in denen die Autos sowieso nahezu identisch zueinander sind, während sie bis auf das Erscheinungsbild absolut gar nichts mit ihren Straßenvarianten gemein haben. Anders als in der Vergangenheit zu Zeiten des E30, wo es wirklich Tourenwagen waren.

Hauptsache man macht den Sport kaputt und erschummelt sich gutaussehende Trophäen, die man dann vermarktet. Und auch wenn der neue M6 GTE wenigstens auch auf der Straße ein V8 Coupe ist, so kann man sich sicher sein, dass er nicht viel mit einem GTE zu tun hat, außer im Namen und unter der Haut ein werkseingesetzter Rennwagen für Privatiers ist.

Wenn der Wagen dann also am 30. Januar beim 24 Stunden Rennen auf Daytona debütiert, drückt ihm nicht die Daumen.

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